11.10.2024
Eichhorn & lila Hund: „Raggätebäng!“
Ein bisschen Spaß muss sein
Mit Eichhorn & lia Hund betreten endlich mal wieder ein paar Newcomer die Kindermusik-Bühne. Sänger und Gitarrist Tobias Eichhorn hat mit Lukas Barucha (Schlagzeug), Jakob Doumbia (Saxofon) und Florian Wuschek (Bass) drei Freunde um sich versammelt, die es sich gemeinsam zur Aufgabe gemacht haben, Kinder mit Hilfe ihrer Musik stark zu machen und ihre Einzigartigkeit zu wecken. So ein Anspruch ist erstmal leicht formuliert, ihn einzulösen dagegen gar nicht so einfach. Eichhorn & lila Hund versuchen es, indem sie in interessanter Besetzung eine schmackhafte Mischung aus Funk, Reggae, Elektro und Pop anrühren. Dass dieser Stilmix gut funktioniert, haben sie schon auf vielen Bühnen bewiesen. Mit „Raggätebäng!“ geht das Münchener Quartett nun den nächsten Schritt und bringt die Energie seiner Konzerte auch ins Kinderzimmer.
Hinsichtlich Haltung und Botschaft der Band legt der Albumtitel eine klare Fährte. Eichhorn & lila Hund sind keine Geschichtenerzähler im klassischen Sinne, eher haben sie sich auf das wirkungsvolle Zusammenspiel von Klängen und Silben spezialisiert. Schon der funky Opener „Ich will das behalten“, der sich mit Kindern solidarisiert, die von ihren Müttern zum Aufräumen und Entrümpeln verdonnert werden, kommt mit einer lautmalerischen Hookline daher. (»Gemein Mama, das kommt alles wieder rein ins Zimmer, Mama / Uh, ins Zimmer, Mama.«) In „Pizza Margherita“ wird wenig später ein ähnliches Wortspiel bemüht. (»Pizza Margherita, Mama, mach Margarita. / Pizza Margherita, Mama, mach Margarita.«) Das ist nicht immer tiefgründig, macht aber trotzdem Freude und motiviert überdies zum Mitmachen. Ebenso wie das schwungvolle „Mambo Italia“, in dem die Band von einer Reise nach Italien schwärmt. (»Mambo, Mambo, Mambo Italia / Mambo, Mambo, Mambo Italia eh.«) Oder das groovende „So wird ein Haus gebaut“, das die kindliche Faszination für Baustellen musikalisch aufgreift. (»Bau bau, Bumbackedibau / Backedibau Backedibau.«) Fast jedes Lied kreist um eine kleine szenische Idee, die mit großer Spielfreude und oft mehrstimmigem Gesang ausgeschmückt wird. Inhalte sind dabei nicht vollends egal, aber definitiv zweitrangig.
Nur wenige Titel brechen mit dieser Herangehensweise, wie etwa „Raketenantrieb“, das zu Elektro-Beats vom Fahrradfahren schwärmt. Der „Geheimagenten-Samba“ würdigt die Skills des Detektivs Robert Schleicher und erfüllt dabei die im Titel versprochenen Stil-Erwartungen. Die Idee, das Lied „Alle meine Entchen“ zu covern, zeugt dagegen von einer ziemlich mutigen Herangehensweise – denn wenn uns allen ein Kinderlied zu den Ohren raushängen sollte, dann doch wohl dieses. Mit »Rumble on the teich«-Haltung und dem aktivierenden Grundbeat des Queen-Hits „We will rock you“ gelingt Eichhorn & lila Hund aber tatsächlich eine solide Weiterentwicklung dieses Klassikers. Der Bodypercussion-Reim „Kuckuck und der Hai“, den schon das Tiroler Kindermusikduo RatzFatz musikalisch veredelt hat, stellt mit einem musikalischen Zitat aus „Halt dich fest“ vom Freundeskreis um Max Herre ebenfalls einen erkennbaren Bezug zu den Musikvorlieben der Elterngeneration her. Insgesamt hält sich die Band mit derlei Anspielungen aber zurück. Im Fokus steht ganz klar der Wille, die Begeisterung von Kindern wecken zu wollen. Dem Song „Wer hat den lila Hund geweckt“ gelingt das sehr gut. Mit der Intention eines Schlaflieds, einer sich fortlaufend wiederholenden Form und erkennbarem musikpädagogischen Anspruch, besitzt er mindestens drei Eigenschaften, die ein Kinderlied im traditionellen Verständnis charakterisieren. Deutlich schlaffördernder ist aber trotzdem „Regen im Sommer“, der einzige melancholisch angehauchte Song, der zugleich den Schlusspunkt des Albums markiert.
Fazit: Ganz offensichtlich kennen Eichhorn & lila Hund die Zutaten, aus denen Kinderlieder gemacht sind. Stellenweise erinnert der mehrstimmige Gesang des Münchener Quartetts an A Capella-Interpreten wie Dän oder Maybebop. Der verspielte musikalische Ansatz weckt wiederum Erinnerungen an die Platten der Oldenburger Kindermusik-Band Die Blindfische. Dennoch orientieren sich Eichhorn & lila Hund nicht an den Rezepturen vermeintlicher Vorbilder, sondern entwickeln ganz eigene Kreationen, die meist einem spaßgetriebenem Anspruch folgen. „Raggätebäng!“ lädt nicht unbedingt zum genauen Hinhören, dank seiner erfrischenden Musikalität aber umso mehr zu Bewegung und zum Mitmachen ein. Gerade Kinder im Kita- und Kindergartenalter dürften sich davon gut abgeholt fühlen, für Kinder im Grundschulalter bietet das Album jedoch zu wenig inhaltliche Anknüpfungspunkte. Nach zehn Songs und rund 30 Minuten Spielzeit bleibt zum Ende dann hoffentlich das gute Gefühl zurück, tatsächlich gemeinsam Spaß gehabt zu haben. Das zumindest wünschen sich Eichhorn & lila Hund. Diesem Gefühl hat die Band übrigens den Namen „lila Hund“ gegeben. Es beschreibt die eigentümliche Energie, die während eines Konzerts zwischen Bühne und Publikum entstehen kann. Es lässt sich nur schwer beschreiben. Könnte man es jedoch hören, dann klingt es womöglich wie „Raggätebäng!“.